Ron Orp Monatsinterview zu Conscious Parenting

Du fühlst dich manchmal überfordert und weisst nicht recht, wie du mit deinen Kids in gewissen Situationen umgehen sollst? Conscious Parenting Coach Lina Bee erklärt im Interview, wie Kindeserziehung auch eine Chance sein kann und liefert ein mögliches Rezept für etwas mehr Zen.

Liebe Lina. Du bist Conscious Parenting Coach und begleitest Mütter in verschiedenen Phasen. Wie kam es dazu?

Ich war bei meiner eigenen Tochter teilweise sehr unsicher, wie ich mit gewissen Situationen umgehen soll. Wie reagiere ich richtig, was ist zu wenig und was zu viel? Ich habe mich manchmal allein gefühlt und bin dann auf den Bestseller «The Conscious Parent» von Dr. Shefali Tsabary gestossen. Ihr Blickwinkel auf das Elternsein hat mir eine völlig neue Sichtweise eröffnet. Je mehr ich mich mit der Philosophie auseinandergesetzt und sie in meinen Alltag integriert habe, desto freier und gelassener habe ich mich gefühlt. Meine eigene Unsicherheit ist immer mehr verschwunden, weil ich Dinge besser einordnen konnte. Das hat mich so begeistert, dass ich mich an ihrem Institut zum Conscious Parenting Coach ausgebildet habe.

Worum geht es bei Conscious Parenting genau?

Conscious Parenting basiert auf den Werten Achtsamkeit, Vertrauen, Respekt und Offenheit, und ist ein Mix aus westlicher Psychologie und östlicher Philosophie. Der Aufbau einer tiefen, authentischen Beziehung zum Kind steht im Vordergrund. Dafür brauchen wir ein ganzheitliches Verständnis von Entwicklungsstufen, dem Charakter unserer Kinder und uns selbst als Vorbild. Wir schauen dafür auf eigene Verhaltensmuster und Glaubenssätze, hinterfragen sie, und lösen sie auf, wenn sie uns nicht mehr dienlich sind. Dadurch können wir unser reaktives Verhalten dem Kind gegenüber besser steuern und verändern. Es ist im Grunde ein aktiver Prozess der Selbstreflexion; das nennt sich auch Reparenting. Niemand hält uns den Spiegel so schonungslos vor wie unser Nachwuchs.

Ron Orp Monatsinterview zu Conscious Parenting
Die Erziehung des eigenen Kindes ist eine einmalige Chance, negative Glaubenssätze aufzulösen.

Kannst du ein konkretes Beispiel aus deinem Alltag nennen?

Wenn mein Kind zum Beispiel einen Tobsuchtanfall hat oder den Broccoli zum zehnten Mal auf den Boden wirft, beziehe ich das nicht mehr auf mich. Meine Tochter ist vielleicht wütend, aber ich muss diese Emotion nicht übernehmen. Die Entwicklungsstufen spielen hier eine zentrale Rolle. Wenn ich sie kenne und verstehe, weiss ich auch, dass es normal und wichtig ist, dass mein Kind diese Phase durchlebt, und dass das kein Angriff auf mich persönlich ist. So kann ich in Ruhe und viel gelassener auf das Kind eingehen, statt selbst in negative Emotionen und ins Chaos zu kommen.

Sprich, du verlierst jetzt nie mehr die Nerven?

Doch, natürlich verliere ich auch heute mal die Geduld oder reagiere unwirsch. Das ist menschlich und gehört dazu. Wichtig ist, dass ich mich danach entschuldige, wenn meine Reaktion ungerechtfertigt oder unverhältnismässig war. Solche Situationen können wir, wenn wir richtig mit ihnen umgehen, nutzen. Durch unser Verhalten lernt das Kind zum Beispiel, dass man Fehler machen darf und sich dann aber entschuldigt. Wenn ich aber nur überreagiere und das dann so stehen lasse, dann bezieht das Kind unser Verhalten auf sich und interpretiert möglicherweise, dass es nicht gut genug ist oder das etwas mit ihm nicht stimmt. So verankern sich eben diese Glaubenssätze, mit denen wir uns dann im späteren Leben selbst im Weg stehen.

Warum ist das wichtig?

Kinder orientieren sich an uns als Vorbilder und lernen, wie sie sich in der Gesellschaft bewegen können. Deshalb ist es wichtig, dass die Eltern-Kind-Beziehung eng ist, die Kinder uns vertrauen und unsere Orientierung annehmen. Dafür schaffen wir ein liebevolles und positives Umfeld, damit ein Kind seine Persönlichkeit gut entfaltet und sich emotional gesund entwickelt.

Ron Orp Monatsinterview zu Conscious Parenting
Die New Yorker Psychologin Dr. Shefali Tsabary ist Begründerin des Ansatzes Conscious Parenting und Bestseller-Autorin.

Berätst du nur Mütter, oder auch Grosseltern und Papas oder Göttis wie mich?

Ich begleite vor allem Mütter, weil wir uns auf einer ähnlichen emotionalen Ebene befinden. Aber es gibt auch Conscious Parenting Coaches für Väter und ganz generell kann der Ansatz in verschiedenen Bereichen den Horizont erweitern. Wenn wir uns auf diese Reise einlassen, ist das fast schon eine Garantie für mehr Gelassenheit und weniger Stress.

Wie sieht denn ein Coaching bei dir aus?

Es gibt bei mir auf der Webseite einerseits einen Online-Kurs im Selbststudium, der Einblick gibt, wie die Strategien funktionieren und was alles hinter dem Konzept steckt. Andererseits biete ich Gruppen- und Einzelcoachings an, die auf verschiedene Anliegen der Teilnehmer:innen zugeschnitten sind.

Kannst du meiner Community noch ein paar praktische Tipps «über d’Gass» an die Hand geben?

Ein Kind braucht klare Grenzen und Regeln, sonst fällt es in eine Orientierungslosigkeit. Es ist wichtig, dass wir als Eltern die Führung übernehmen, und ebenso dass dein Kind seine Grenzen auslotet. Deshalb: Setzt eure Grenzen clever und konsequent um. Kommunikation ist das A und O, und versucht immer zu zeigen, dass ihr trotzdem im Team eurer Kinder seid. Zudem ist es wichtig, den Kindern Verantwortung zu übergeben. Sie können je nach Altersstufe mithelfen und entwickeln dabei wichtige Fähigkeiten und ein gesundes Selbstwertgefühl. Auf meiner Webseite gibt es einen kostenlosen Guide, bei dem die fünf Entwicklungsstufen bis zum Teenie-Alter aufgebrochen sind. Der Guide enthält unter anderem altersgerechte Empfehlungen, welche Ämtli sich gut eigenen.

Und was mich zum Schluss noch brennend interessiert: Wo treffe ich dich mit den Kids in der Stadt?

Ich bin sehr naturverbunden und deshalb gerne am See und auf verschiedenen Vitaparcours anzutreffen. Die sind für jedes Alter lässig. Ich mag den Elefantenbach in Witikon oder den Spielplatz Artergut beim Kreuzplatz. Und essen tun wir gerne im Restaurant Albisgüetli, die haben ein richtig cooles Spielzimmer, oder im Alten Klösterli beim Zoo mit Blick auf den Affenfelsen.

Ron Orp Monatsinterview zu Conscious Parenting

Lina Bee ist Business Mentorin und Conscious Parenting Coach. Sie begleitet Frauen, die sich in die Selbstständigkeit entwickeln möchten und unterstützt Mütter für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. «Diese beiden Ansätze hängen für mich eng zusammen», sagt Lina. Sie ist selbst Mutter von zwei Kindern und wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Zürich.

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Monatsinterview: Conscious Parenting | Elternsein in Family | Ron Orp
By: Ron Orp, Date: 21.10.2023

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